Hochtourenwoche im Wallis

Zentrale Monte-Rosa-Gruppe
Tour:
Hochtourenwoche im Wallis
Region / Gebiet:
Walliser Alpen / Monte-Rosa-Gruppe (Schweiz)
Termin:
10.07. - 17.07.2004
Höhenmeter:
ca. 4900 HM↑, 7030 HM↓
Charakter:
Anstrengung:
Mittelschwere Hochtourenwoche
Ausrüstung:
  • steigeisenfeste Bergschuhe
  • Funktionsbekleidung
  • Hüttenschlafsack
  • Hochtourenausrüstung inkl. Klettergurt, Karabiner, evtl. Eisschraube 
  • Kopfbedeckung, Sonnen- oder Gletscherbrille (100% UV-Filter)
  • Fleecejacke (mit Windstopper!)
  • Tages-Rucksack (ca. 35 - 40 Liter)
  • Sonnenschutzmittel
Gefahren:
  • Höhenkrankheit (AMS = Acute mountain sickness) bei unzureichender Akklimatisation,
  • Erfrierungen bei unzureichender Ausrüstung
  • Gletscherspalten
Tipp:
-
Bergführer:
DAV - Summit Club

Nach oben 1. Tag – 10.07.2004 (Anfahrt)

Bergfahrt Am Samstag morgen ging es um 5:30 Uhr los. Da die anderen Teilnehmer dieser DAV Summit-Club-Tour nicht in meiner Nähe leben, mußte ich die Anreise alleine absolvieren. Gleichzeitig nutzte ich die Möglichkeit, um einen Tag früher anzureisen und so Zeit für zumindest eine kleine Akklimatisationswanderung zu haben. Über München und der A96 ging es bei bescheidenem Wetter Dampfzug Richtung Bodensee. Erst ab Chur in der Schweiz und der Auffahrt in Richtung Oberalp- und Furkapaß wurde das Wetter etwas besser. Als Eisenbahnfan gefiel mir natürlich der Ausblick auf die parallel zur Straße führende Strecke des berühmten Glacier-Express, dessen Züge regelmäßig die Schmalspurbahnlinie befuhren. Das Highlight war natürlich die Auffahrt der dampfbetriebenen Museumsbahn der alten Furka-Bergstrecke ab Gletsch. Trotz der über 500 Km war somit die Fahrt kurzweilig und gut gelaunt - das Wetter im Wallis war bedeutend besser als in Bayern - traf ich um etwa 15:00 Uhr am Hotel Bergfreund in Herbriggen im Mattertal nördlich Zermatt ein.

Nach oben 2. Tag – 11.07.2004 (Oberrothorn 3415 m)

Zermatt Mit Stefan, einem ebenfalls früher angereisten Mitglied einer anderen Summit-Club-Gruppe will ich zur Akklimatisation auf das Oberrothorn (3415 m) oberhalb Zermatt steigen. Es sollte nur eine kleine Wanderung in relativ großer Höhe sein. Der Hotelbus bringt uns nach Zermatt, dann erfolgt der große Schock: Die horrenden Seilbahnpreise der Zermatter Bahnen - für einen längeren Familienurlaub sicherlich ein Problem - bewirken eine Planänderung; statt bis zur Bergstation Unterrothorn fahren wir nur 2 Stationen bis Blauherd (2571 m). Bei stark bewölktem und recht kühlem Wetter steigen wir nun die 900 Höhenmeter bis zum Gipfel des Oberrothorns auf. Die Wanderroute Aussicht ist aufgrund der Bewölkung nicht gerade überwältigend, doch wird die Gipfelrast sehr kurzweilig als wir "echte" Bergsteiger mit einer Gruppe Japanischer Touristen zum Gipfelfoto posieren müssen und dafür mit "Original Japanese Sweeties" entlohnt werden.

Der Abstieg geschieht dann gemütlich nach Nordwesten und einen schönen Höhenweg in Richtung Täsch, wo wir nach 6 Stunden Gesamtgehzeit (900 HM↑, 1800 HM↓) eintreffen.

Abends trifft sich dann unsere Gruppe im Hotel in Herbriggen. Unsere beiden Bergführer - Hajo und Christoph - treffen ein und überprüfen zuerst unsere Ausrüstung. Wir sind insgesamt 8 Bergsteiger die sich sehr schnell auf 2 Fünferseilschaften (je 1 Bergführer und 4 geführte Bergsteiger) aufteilen. Danach wird das Tourenprogramm der nächsten Woche durchgesprochen, wobei leider für die ersten beiden Tage kein gutes Wetter zu erwarten ist.

Nach oben 3. Tag – 12.07.2004 (Allalinhorn 4027 m)

Allalinhorn Heute geht es auf den ersten 4000er! Der Hotelbus bringt uns in etwa 45 Minuten ins benachbarte Tal nach Saas-Fee. Gemeinsam mit den Sommersnowboardern wird in drei Etappen - zum Schluß mit der unterirdischen Metro-Alpin - die Station Mittel-Allalin in 3454 m Höhe erreicht. Gleich zu Beginn die gefährlichste Situation dieses Tages: Bei wolkigem Wetter mit nur etwa 100 m Sichtweite müssen wir die Skipiste queren, auf der die Skifahrer gen Tal rasen. Nach der Bildung von zwei 5er Seilschaften beginnt der Anstieg.

Richtung Südwest steigen wir unter den Seracs der Allalinhorn-Nordflanke zum Feejoch (3825 m) auf. Danach schwenken wir nach Osten ein und erreichten den Nordgrat über die sich aufsteilende Eisflanke. Über den Grat wird der Gipfel nach etwa 2 Stunden erreicht. Leider war der Gipfel in Wolken gehüllt und mit Ausnahme kürzerer Aufhellungen keine Aussicht auf die benachbarten Gipfel möglich.

Der Abstieg geht im frisch gefallenen Neuschnee recht zügig vonstatten, so daß wir bereits eineinhalb Stunden später wieder mit den Seilbahnen ins Tal fahren. Diese kurze Eingehtour endet mit Cappucino in einem Café in Saas-Fee, bevor uns der Hotelbus wieder zurück nach Herbriggen bringt (580 HM↑↓).

Am Abend erfolgt die Besprechung der nächsten Tage: Wir werden auf die sogenannte "Spaghettirunde" gehen, also eine Durchquerung des Walliser Alpenhauptkammes durchführen, wobei in Hütten auf der italienischen Seite der Berge genächtigt wird.

Nach oben 4. Tag – 13.07.2004 (Breithorn 4165 m)

Castor (4228 m) Nochmals bringt uns der Hotelbus nach Zermatt. Nach einem gemütlichen Spaziergang durch den Ort fahren wir in drei Etappen mit den Seilbahnen aufs Kleine Matterhorn (3883 m). Bei soviel einfachem Höhengewinn ist es nicht verwunderlich, wenn das Zermatter Breithorn als der leichteste Viertausender der Alpen bezeichnet wird. Trotzdem sollten die Gefahren des Hochgebirges nicht vernachlässigt werden - 1991 ist eine Gruppe von Bergsteigern schon in Sichtweite der Seilbahnstation erfroren.

Direkt nach Querung des Sommerskigebietes auf dem Breithornplateau bilden wir die Seilschaften und queren über den Breithornpaß in die Südflanke des Breithorn Breithorns. Diese wird gleichmäßig ansteigend bis zum Erreichen des nach Westen abfallenden Bergrückens begangen, bevor von hier der Breithorngipfel (4164 m) erreicht wird.

Leider haben wir nochmals etwas Pech mit dem Wetter. Nur kurzfristig reißen immer wieder die Wolken auf und geben abschnittsweise Ausblicke auf die umliegende Bergwelt. Nach nur kurzer Rast steigen wir nach Süden in das Becken des Großen Verragletschers ab, das wir weit nach Osten bis unter die Felsen der Rossi Volante-Bivakschachtel queren. Nach einem kurzen Gegenanstieg biegen wir nach Süden ab und erreichen nach insgesamt 6 Stunden Gehzeit die Lambroneccahütte (3425 m). (380 HM↑, 800 HM↓)

Nach oben 5. Tag – 14.07.2004 (Castor 4228 m)

Gipfelgrat Vom Rifugio Guide della Val d´Ayas e Champoluc (Lambroneccahütte, 3425 m) geht es einen Teil des gestrigen Abstiegs wieder zurück. Danch biegen wir in Richtung des zwischen Pollux und Castor gelegenen Zwillingsjochs (3848 m) Lyskamm ein. Kurz unterhalb des Jochs wird in die mässig steile Westflanke gequert und langsam Höhe gewonnen. Nach dem Überqueren des Bergschrundes sind die letzten 20 m zum Gipfelgrat steil und mit der nötigen Vorsicht (evtl. mit Eisschraube sichern!) zu erklimmen. Auf dem schmalen Gipfelgrat erreichen wir bei böigem Nordwest etwas ausgesetzt den Gipfel, wo wir im Windschatten einer Schneewächte die Gipfelrast bei hervorragender Aussicht geniessen. Abstieg ins Felikjoch

Über den Südostgrat steigen wir über weite Firnflanken unschwierig - immer im Angesicht des mächtigen Lyskamm (4527 m) zum Felikjoch (4061 m) ab. Rifugio Quintino-Sella

Scharf nach Süden abbiegend steigen wir über die weiten Gletscherflächen des Felikgletschers zum Rifugio Quintino-Sella (3585 m) ab, wo wir 7 Stunden nach dem morgendlichen Beginn eintreffen (840 HM↑, 700 HM↓).

Vor den nun folgenden zwei anstrengenden Tagen relaxen wir gemütlich im Sonnenschein vor der Hütte.

Nach oben 6. Tag – 15.07.2004 (Signalkuppe 4556 m)

Passo del Naso Früh morgens beginnt der Tag mit dem langen Aufstieg zum Passo del Naso (4100 m). Nach der Querung des Beckens des westlichen Lysgletschers steigen wir steil über die Eisflanke (je nach Verhältnissen Sicherung mit Eisschrauben sinnvoll!) zum Felsen Il Naso auf.

Oben überblicken wir die weiten Gletscherfelder der zentralen Monte-Rosa-Gruppe, die wir in den nächsten zwei Tagen durchstreifen Capanna Margherita wollen. Steil ist der kurze Abstieg in das Gletscherbecken des Lysgletschers, danach der Aufstieg in das Lysjoch (4151 m). Alles fällt schwerer, da die Luft hier oben schon merklich dünner ist. Signalkuppe Nordwestlich der Parrotspitze queren wir unter der Signalkuppe durch und erreichen das Gnifettijoch (ca. 4350 m). Trotz der Müdigkeit wird der letzte Anstieg auch noch geschafft, so daß wir etwa 7 Stunden nach dem Aufbruch am Morgen gegen 13:00 Uhr auf der Signalkuppe (4556 m) die Capanna Margherita, die höchste Hütte der Alpen, erreichen.

Knapp 90 Minuten geniessen wir den höchsten Rastplatz der Alpen, bevor wir unseren Abstieg beginnen. Zurück zum Lysjoch steigen wir östlich der großen Gletscherbrüche nach Süden den Lysgletscher herab und erreichen gegen 16:30 Uhr das Rifugio Gnifetti (3611 m).

(1200 HM↑, 1350 HM↓).

Nach oben 7. Tag – 16.07.2004 (Vincentpyramide 4215 m, Balmenhorn 4167 m, Ludwigshöhe 4341 m)

Morgenstimmung

Monte-Rosa-Gruppe Früh geht es vom Rifugio Gnifetti wieder den Lysgletscher hoch. Während im Westen der Mont Blanc als erstes im  Sonnenlicht aufleuchtet, lassen sich aus dem Colle Gnifetti (4088 m) nach Osten hin zahlreiche Gebirgsketten im  Gegenlicht ausmachen. Relativ schnell steigen wir über die weiten Firnhänge auf die Vincent-Pyramide (4215 m). Dort erwartet uns eine beeindruckende Rundumsicht über die Balmenhorn südöstliche Monte-Rosa-Gruppe.

Nach dem kurzen Übergang zum Balmenhorn (4167 m) und dessen kurzweiliger Besteigung über eine Felsflanke stiegen wir weiter zum Lysjoch (4180 m). Der nun folgende kurze Firngrat zur Ludwigshöhe (4341 m) ist unser letzter Viertausender dieser Tour. Ein schöner Blick über den nördlichen Teil der Monte-Rosa-Gruppe mit Monte-Rosa Dufourspitze (4634 m), Zumsteinspitze (4563 m) und Signalkuppe (4556 m) folgt zum Abschied vor unserem Abstieg in Richtung Zermatt.

Nach der Rückkehr zum Lysjoch beginnt der lange Abstieg über den spaltenzerfurchten Grenzgletscher. Unter den Hängegletschern der Lyskamm-Nordflanke werden bei guten Firnverhältnissen die Eisbrüche in großen Bögen umgangen. Einige Spalten werden auf gut tragenden Schneebrücken überschritten. Nach etwa 5 Lyskamm-nordflanke Kilometern Gletscherabstieg betreten wir in der Nähe der Monte-Rosa-Hütte (2795 m) erstmals wieder Feldboden betritt. Hinter der Hütte werden sowohl ein Teil des Grenzgletschers als auch der Gornergletscher auf einem markierten Pfad überschritten. Karte Grenzgletscher

Danach erfolgt der letzte Anstieg der Tour: An der Südflanke des Gornergrates wird bis zur Station Rotenboden (2815 m) der Gornergratbahn aufgestiegen. Hier endet der Fußmarsch unserer "Spaghettirunde" nach knapp 11 Stunden. Mit einer der letzten Talbahnen bewältigen wir dann den restlichen Abstieg nach Zermatt, wo wir dann mit einem wohlverdienten Bier den erfolgreichen und vor allem unfallfreien Abschluß unserer Tour feiern (1000 HM↑, 1800 HM↓).

Unser Hotelbus erwartet uns, so daß wir recht zügig unter die notwendige Dusche im Hotel in Herbriggen kommen. Nach dem Abendessen geniessen wir den Abschluß der Tour in der Hotelbar.

Nach oben 8. Tag – 17.07.2004 (Rückfahrt)

Glacier Express Nach einem obligatorischen Einkauf von Schweizer Schokolade und Käse geht es auf die Heimfahrt. Nach letzten Blicken auf den "Glacier Express" empfängt mich die Heimat wieder mit den üblichen Sommergewittern.

Kartenskizzen:

aus: Landeskarte der Schweiz: 284 T, MISCHABEL (Zermatt - Saas Fee) 1:50000, Ausgabe 1999

Weitere Informationen für Bergtouren im Wallis:

Michael Waeber: Walliser Alpen, Gebietsführer für Wanderer, Bergsteiger und Kletterer, Bergverlag Rudolf Rother, München, ISBN 3-7633-2408-9

Richard Goedeke: 4000er - Die Normalwege, Tourenführer, Verlag J. Berg, München, ISBN 3-7634-1007-4

Kommerzielle Anbieter für Wallis-Hochtourenwochen:

Siehe Links

Kosten:

Die Kosten einer organisierten Tourenwoche über die im Link benannten Anbieter sind mit etwa 600 - 700 € (2004) für den Bergführer anzusetzen. Hinzu kommen die variablen Kosten für Übernachtung und Verpflegung auf den Hütten (etwa 40 - 50 € pro Tag) sowie die Nutzung der Seilbahnen (bis zu 100 € in einer Woche).

Letzte Aktualisierung am 11.01.2023 18:15:29 Uhr