Annapurna - Tilicho - Trekking mit Chulu Far East (6059 m)
Länge: -
- gute, nicht zu leichte Trekkingschuhe
- Expeditions- (Schalen-) bergstiefel ab Chulu Far East Basislager
- Teleskopstöcke sehr empfehlenswert
- Stirnlampe für nächtlichen Gipfelaufstieg und Zeltnächte
- Daunenschlafsack (ca. -25°C Komforttemperatur, ca. 1100g Daune)
- Expeditionsausrüstung inkl. Steigeisen, Daunenanorak, Daunenfäustlinge und Mütze
- Kopfbedeckung, Gletscherbrille (100% UV-Filter)
- Fleecejacke (mit Windstopper!)
- (Tages-) Rucksack (ca. 35 - 40 Liter)
- Sonnenschutzmittel
- Höhenkrankheit (AMS = Acute mountain sickness)
- Erfrierungen bei unzureichender Ausrüstung
1./2.Tag - 19.10./20.10.2007 Anreise
In Frankfurt treffe ich den Rest unserer Trekkinggruppe inklusive Guide Andreas am Gate vom Thai Airways Flug nach Bangkok. Mit angenehmen Komfort bezüglich Beinfreiheit und Verpflegung ist der Nachtflug nach Bangkok sehr bequem. Nach einer Wartezeit am neuen Internationalen Flughafen besteigen wir die Boeing 777 nach Kathmandu, wo wir am Vormittag eintreffen. Es folgt die übliche Einreiseprozedur mit der Warteschlange am Visumschalter. Sobald unser Gepäck eingesammelt war, werden wir vor dem Terminal von Vertretern der lokalen Agentur Thamserku-Trekking begrüβt. Schnell werden wir zum bereitstehenden Kleinbus gelotst, der uns zum Hotel bringen soll. Die Fahrt durch Kathmandu weckt Erinnerungen an das Kathmandu von 2002, jetzt allerdings sind weniger Militärposten zu sehen. Nur 20 Minuten dauerte die Fahrt zum Hotel Shangri-La, wo wir die nächsten 2 Nächte bleiben. Ich beziehe ein Zimmer mit Daniel, mit dem ich die nächsten 3 Wochen Zelt und Hotel teilen werde.
Mit ihm unternehme ich noch einen kurzen Spaziergang in den Thamel-District. Hier gibt es fast alles zu kaufen, was man in den Bergen Nepals brauchen kann. Am Abend bekommen wir ein Abendessen im Hotel; da die 2 österreichischen Teilnehmer unserer Tour erst am nächsten Tag eintreffen, wird die offizielle Vorstellung der Teilnehmer erst am nächsten Abend erfolgen.
3. Tag - 21.10.2007 Kathmandu
Ein Tag in Kathmandu: Wir beginnen in Paschupatinath, wo die zeremoniellen Verbrennungen der buddhistischen Verstorbenen durchgeführt werden. Eine für uns ungewöhnliche Situation. Interessant, doch wir sind bemüht eine angemessene Distanz zu den trauernden Angehörigen zu halten. Im farbenfrohen Tempelbezirk auf der anderen Flussseite wimmelt es von Touristen und im wahrsten Sinne des Wortes (Geld-) scheinheiligen Gurus, die sich hier fotografieren lassen.
Unser nächster Anlaufpunkt ist Sbunath, die gröβte tibetanische Stupa in Nepal. Der Bereich dieser Stupa ist geprägt von den farbenfrohen tibetanischen Prayer-flags (Gebetsfahnen). Eine seltsam ruhige Stimmung liegt in diesem Viertel und lässt die Hektik von Kathmandu verblassen.
Die alte Königstadt Patan südwestlich von Kathmandu fahren wir am Mittag mit kleinen Taxis an. Hinter dem zentralen Durbar Square tauchen wir ein in den engen Gassen mit ihren vielen Tempeln und Handwerkerläden. Im Vergleich zum touristisch dominierten Durbar Square von Kathmandu ist hier noch ein ursprünglicheres Stadtleben zu sehen.
Mittags noch einmal nach Thamel. Ein paar letzte Einkäufe: Vielleicht ein paar preiswerte Sportsocken für unser Trekking oder eine wirklich gute nepalesische Karte der Annapurna-Region. Es gibt für jeden etwas zu finden. Im Anschluss treffen wir uns im Restaurant zum gemeinsamen Abendessen und gegenseitigen kennen lernen, da jetzt auch unsere beiden österreichischen Bergkameraden eingetroffen sind.
4. Tag - 22.10.2007 Flug nach Pokhara / Trekking: Beni (830 m) - Raghugat (880 m)
Nach einem schnellen Frühstück sind wir bereits um 07:00 Uhr am nationalen Terminal des Flughafens der Hauptstadt. Trotzdem gibt es nach dem Einchecken die üblichen Verspätungen. Endlich, gegen 09:00 Uhr besteigen wir die Jetstream 41 der Yeti-Airlines die uns nach Pokhara bringen soll. Etwa 20 Minuten fliegen wir am Südrand des Himalayas entlang. Immer wieder blinken zwischen hohen Wolkentürmen einige der Bergberühmtheiten hindurch. Annapurna und Dhaulagiri werden auch unsere Begleiter der nächsten 2 Wochen sein. Am kleinen Provinzflughafen von Pokhara werden wir vom Stammteam von Thamserku-Trekking empfangen, die tags zuvor von Kathmandu herausgefahren sind. Neben Sirdar Rami, dem Everest erfahrenen Climbing Sherpa Samboo sind da im wesentlichen unser Koch mit seinen zwei Assistenten und einigen Trägern zu nennen. Weitere Träger werden dann nach Bedarf in den einzelnen Regionen zusätzlich engagiert.
Schnell wird unser gesamten Gepäck in und auf einem Bus verladen, dann geht es schon Richtung Westen aus Pokhara hinaus. Durch Agrargebiete geht es das Tal des Ghobang Khola hinauf, am Ende steil ansteigend erreichen wir den den Ort Naudanda, wo eine Mittagsrast folgt.
Bei Kushma erreichen wir nach längerer Abfahrt im Modi Khola - Tal den Khali Gandaki. Nun geht es das Tal des Khali Gandaki herauf. Doch die gute Strasse endet bereits in Baglung. Bis zu unserem Zielort Beni ist nur noch eine baustellenähnliche Piste verfügbar. Oftmals ist das Fortkommen auf den Sandbänken am Flussufer einfacher. Für die letzten fünf Kilometer brauchen wir mit wildem Geschaukel noch einmal 1,5 Stunden. Dann endlich ist am groβen Busparkplatz von Beni der Startpunkt unseres Trekkings erreicht. Schnell wird unser Bus abgeladen und es türmen sich wahre Berge von Trekkingausrüstung und persönlichem Gepäck auf.
Rami organisiert die Verteilung und den Weitertransport der Ausrüstung, neben einigen Trägern soll nach Möglichkeit während der ersten Tage noch per 4WD (four-wheel-drive = Allradfahrzeug) der Hauptteil des Gepäcks transportiert werden.
Wir anderen schultern unseren Tagesrucksack und beginnen die ersten Schritte unserer Annapurna-Runde. Entlang der begehbaren Piste ist es heute aber nur ein kurzer Marsch. Nach etwa 75 Minuten ist der kleine Ort Raghughat erreicht. Im gepflegten subtropischen Garten einer Lodge werden die Zelte aufgebaut und uns für die nächsten Wochen zugewiesen. Unser Küchenteam bereitet das erste dreigängige Menue vor. Begonnen wird natürlich mit Knoblauchsuppe, sie soll angeblich die Höhenakklimatisation fördern und dementsprechende Mengen werden zubereitet.
Ruhig geht der Abend im Gartenpavilion zu Ende, bevor ein erstes Mal das bekannte North Face VE25-Zelt bezogen wird.
5. Tag - 23.10.2007 Raghugat (880 m) - Tatopani (1190 m)
Der erste "richtige" Trekkingtag: Um 6:00 Uhr weckt uns das Küchenteam am Zelteingang mit dem Early-Morning-Tea. Danach ein Blechnapf mit warmen Waschwasser, bevor es zum Frühstück geht. Eine sich einspielende Morgenroutine, die zum gewohnten Ritual werden soll. Wir verlassen gegen 7:50 Uhr Raghughat. Irgendwie lassen wir den Alltag jetzt hinter uns und tauchen in das subtropische Kali Gandaki-Tal mit seiner Agrar- und Kulturlandschaft ein. Bananen, Bambus und Reisterassen; hier sind wir noch weit von den eisigen Höhen unseres Trekkingzieles entfernt. Entlang dem alten Handelspfad über Mustang nach China folgen wir der tiefsten Schlucht der Welt. Immer wieder durch kleine Bauerndörfer kommend, erreichen wir gegen Mittag Tiptyang, wo wir für etwa 90 Minuten in einer Lodge einkehren.
Am Nachmittag sind es noch 2,5 Stunden bis zu unserem Tagesziel in Tatopani. Die Schlucht wird teilweise sehr schmal. Der Pfad ist aus den Felsen hoch über dem schäumenden Kali Gandaki heraus geschlagen. Entgegen kommende Eselkarawanen zwingen auf dem schmalen Pfad zur Vorsicht. Tatopani (= heisses Wasser), der Name stammt von den heissen Quellen oberhalb des Dorfes. Direkt am Kali Gandaki wurde eine kleine Badeanstalt (Eintritt: 25 Rupien = 40 EUR-Cent) geschaffen. Kaltes Flusswasser wird hier mit geothermischen Wasser zur optimalen Badetemperatur gemischt. Nach der Erstellung unseres Zeltlagers im Garten einer Lodge gehen fast alle zum Baden. Vor dem Abendessen erlauben wir uns dann noch ein Nusskipferl in der Dorfbäckerei.
6. Tag - 24.10.2007 Tatopani (1190 m) - Ghasa (2010 m)
Am Morgen sehen wir den ersten "richtig" hohen Berg. Das Ende eines Nebentals des Kali Gandaki wird im Norden vom Nilgiri South (6839 m) gebildet. Über dem dampfend-dunstigen Talgrund leuchtet der Gipfelgrat im ersten Sonnenlicht auf, während die gesamte Südwand noch im nächtlichen Blau liegt.
Die erste lange Etappe liegt vor uns. Jeder wählt sein eigenes Tempo, wir können uns nicht verlaufen, es gibt nur einen Weg. Und in den Siedlungen ist man als einzelner oder in kleinen Gruppen nicht so störend für das Dorfleben. Hermann und ich gehen fast den ganzen Tag gemeinsam. Zwar nicht geplant, aber irgendwie "ticken" wir auf der gleichen Welle. Wir werden in den nächsten Wochen noch viele Kilometer gemeinsam zurück legen. Wir haben ähnliche Vorlieben für Gehtempo, -rhythmus und Fotomotive. Immer wieder halten wir in den kleinen Siedlungen am Wegrand und beobachten das Dorfleben. Meist sind wir schnell von Kindern umgeben, die hier oft auch mit Arbeiten auf den Feldern und im Haushalt beschäftigt sind.
Ein besonderes Merkmal fällt uns jetzt schon auf. Je weiter wir uns von der sogenannten Zivilisation entfernen, umso schöner und sauberer sind die Dörfer. Teilweise windschiefe, halb verfallene Holzbaracken im Süden weichen immer mehr fest gemauerten Steinhäusern. Teilweise sind die Dorfgassen sogar gepflastert.
Unterhalb eines groβen Wasserfalls (Rukse Chhahara) treffen wir uns innerhalb von 20 Minuten zur Mittagsrast im Garten eines kleinen Guesthouse.
Am Nachmittag wechseln wir zweimal die Flussseite über eine der typischen Hängebrücken. Erste steilere Wegabschnitte sind zu bewältigen. Gegen 14:00 Uhr erreichen wir unser Tagesziel, die Namaste Lodge in Ghasa, wo im Garten unser Zeltlager aufgebaut werden soll. Doch es dauert aufgrund der anspruchsvollen Wegführung noch 2 Stunden bis alle Träger mit Ausrüstung und Zelten eingetroffen sind. Wiederum können wir unser Abendessen gemütlich im Speisesaal der Lodge verzehren.
7. Tag - 25.10.2007 Ghasa (2010 m) - Marpha (2670 m)
Abmarsch in Ghasa um 07:30 Uhr. Wieder gehen Hermann und ich voraus. Entlang einer tiefen Schlucht wurde die Fahrspur der 4WD-Track in den bröseligen Untergrund getrieben. Doch die Fahrspur ist schon vor der Fertigstellung immer wieder durch groβe Felsbrocken versperrt. Das wird eine ewige Baustelle sein.
Hinter einer Wegbiegung sehen wir den Dhaulagiri (8167 m) zum ersten Mal. Fast unwirklich erhebt sich sein Gipfel mehr als 6000 m über unserem Standort. Nur 34 Kilometer sind die Gipfel der beiden 8000er Annapurna (8091 m) und Dhaulagiri (8167 m) voneinander entfernt, dazwischen liegt der Kali Gandaki, der die tiefste Schlucht der Welt gegraben hat.
An der Polizeistation von Lete wird unser Trekking-Permit kontrolliert, dann gehen wir weiter.
Wir haben nun endgültig die subtropisch-feuchte Region an den Südhängen des Himalaya-Hauptkamms verlassen. Innerhalb weniger Kilometer vollzieht sich ein bemerkenswerter Klima- und Vegetationswechsel. Die Luft ist jetzt deutlich trockener, statt Reisterassen dominiert der Anbau verschiedenster Maissorten.
Immer den Dhaulagiri im Blick weitet sich das Flusstal auf dem Weg nach Norden. Nach der Querung einer Hängebrücke sehen wir in ein weites, mit Sedimenten gefülltes Tal. Ein starker Wind weht hier immer wieder kleine Sandwirbel auf.
Durch einen kleinen Fichtenwald erreichen wir Larjung, wo wir zur Mittagsrast wieder eine German Bakery vorfinden.
Am Nachmittag wandern wir am westlichen Rand des Tales Richtung Marpha, dem Apfelzentrum Nepals. Auf dem Weg dorthin kommen uns vereinzelt Handelskarawanen aus Mustang und Tibet entgegen. Entlang kleiner Handwerksbetriebe laufen wir durch die Randbezirke von Marpha. Das Stadtzentrum überrascht durch sauberes Strassenpflaster und einen fast europäischen Stil der gemauerten Steinhäuser. Im Inneren der Häuser ist dagegen wieder nepalesischer Standard geboten. In einer Lodge beziehen wir diesmal ein Zimmer um den abendlichen Sandstürmen zu entgehen. Hier gönnen wir uns eine Dusche, deren Wasser aus einem abenteuerlichen chinesischen Gasboiler flieβt.
8. Tag - 26.10.2007 Marpha (2670 m) - Thinigaon (2820 m)
Nach einem Bummel durch die sauberen Gassen von Marpha geht es nach Jomosom. Kurz hinter Marpha steht eine lange Mauer mit Manisteinen mitten im Weg. Im Süden leuchten schneebedeckte Bergzüge im pastellfarbenen Morgenlicht.
Nach der Querung eines breiten Flussdeltas (Punkyu Khola) erreichen wir die Aussenbezirke von Jomosom. Je mehr wir uns dem Stadtzentrum nähern, desto wuseliger wird es: Viele Wanderer auf der Annapurna-Runde fliegen von hier - nach der Überquerung des Thorong-La Passes (5416 m) - zurück nach Pokhara. Gegen den Uhrzeigersinn wandernd, verpassen sie somit das Kali Gandaki - Tal, das wir die letzten Tage herauf gekommen sind.
Wir lassen nochmals unser Permit in einem Büro des Annapurna National Parks prüfen. Guide Andreas und unser Sirdar organisieren unsere Begleitmannschaft um: Für die folgenden Tage mit groβen Höhenlagen und steilen An- und Abstiegen werden hier noch zusätzliche Träger und ein lokaler Guide angemietet.
Wir queren den Kali Gandaki über eine Hängebrücke und erreichen auf der östlichen Talseite Tinigaon, ein Bauerndorf welches abseits der Touristenströme von Jomosom einen gewissen Charme bewahrt hat. Auf dem Schulhof - der einzigen ebenen Fläche des Dorfes - dürfen wir unser Zeltlager aufschlagen. Zur Vorbereitung auf die Anstiege der nächsten Tage wollen wir noch eine Akklimatisierungstour auf den hinter dem Dorf befindlichen Höhenzug Hyarukang Danda unternehmen. Der Baumbewuchs wird schnell dünner und verwandelt sich über 3200 m Höhe in weit auseinander stehende krüppelige Nadelhölzer. In etwa 3650 Metern Höhe wird die Kammlinie in der beginnenden Dämmerung erreicht. Zwischen einzelnen Nebelschwaden fällt der Blick nach Norden Richtung Mustang und Tibet. Im Süden leuchten die Nordflanken des Nilgiri Himal und des Dhaulagiri ein letztes Mal im schwindenden Sonnenlicht auf. Mit Stirnlampen erreichen wir später wieder unser Lager pünktlich zum Abendessen.
9. Tag - 27.10.2007 Thinigaon (2820 m) - Camp Kaisang (3840 m)
Es geht in die Einsamkeit: Für die nächsten 3 Tage ist neben unserer Gruppe mit Begleitmannschaft niemand zu sehen. Nach dem Verlassen von Tinigaon gehen wir eine kurze Strecke an einer steilen Flanke an der Nordseite des Thini Khola - Tals entlang. Der Weg folgt alten Bewässerungskanälen bis zur Wassereinfassung am Fluss. Kurze Zeit später queren wir den schnell flieβenden Fluβ an einer Furt. Aufgrund der groβen Strömung benötigen die Träger mit dem schweren Gepäck hier teilweise Unterstützung. Wir queren das Tal über Schwemmsand und Kiesflächen bis zum südseitigen Talhang. Nach einem kurzen, steilen Anstieg auf eine Schulter wendet sich der Pfad nach Osten und steigt gleichmäβig steigend durch dichte Laubwälder an. Kräftige Herbstfarben erinnern an den Indian Summer in Nordamerika. Mit Hermann und unserem lokalen Guide gehe ich in gleichmäβigem Tempo voraus. Mit nur kleinen Pausen erreichen wir unser nächstes Camp in 3830 m Höhe bereits um 11:15 Uhr. Knapp oberhalb der Baumgrenze nutzen wir die wärmende Sonne beim Warten auf unsere Bergkameraden, von denen die letzten 2 Stunden später eintreffen.
Während unser Lager aufgebaut wird, gehe ich noch ein wenig nach Süden Richtung Nilgiri-Flanke. Auf knapp über 4000 m Höhe war deutlich der eisige Luftstrom zu spüren, der von den Bergriesen herab kam.
Im Zelt wurde der Schlafsack erstmalig nicht nur als Überdecke sondern als richtiger Schlafsack benutzt, am nächsten Morgen waren die Wasserläufe im Bereich des Zeltlagers vereist. Die Eiswelt der Annapurna war endgültig erreicht.
10. Tag - 28.10.2007 Camp Kaisang (3840 m) - Camp Kharka (4480 m)
Der Morgen beginnt mit der üblichen Zeremonie: Messung von Blutsauerstoffgehalt und Ruhepuls. Diese Prozedur wird in allen Höhenlagen über 2500 Metern durchgeführt um eventuell auftretende Akklimatisationsprobleme bzw. akute Höhenkrankheiten rechtzeitig bemerken zu können.
Danach konnten wir uns unserem Early Morning Tea im Zelt und dem Frühstück widmen.
Nach dem Verpacken des Lagers beginnt der zweite Tag unseres Anstiegs zum Bergpass Mesokantu La, den wir morgen überschreiten wollen. Wir sind nun deutlich über der Baumgrenze und treffen die ersten Yaks auf den Hochalmen. Nur 600 Höhenmeter sind es zum Lager "Naepsu Dama Chapa", welches im Bereich der Grundmauern einer verfallenen Schäferhütte aufgebaut wird.
Vor der Passüberschreitung wollen wir noch den Weg erkunden, den wir am anderen Tag in aller Frühe angehen wollen. Bis in auf einen kleinen Sattel in etwa 4800 Meter steigen wir auf. Im Südwesten leuchtet der Dhaulagari in der Nachmittagssonne und der Blick weitet sich nach weit nach Norden. Den letzten Anstieg zum Mesokanto La direkt unter dem eisgepanzerten Tilicho Peak (7134 m) sparen wir uns heute.
In der Nachmittagssonne erreichen wir wieder unser Lager. Für die nächste Tagesetappe wird der Rucksack vorbereitet, schlieβlich müssen wir in der Höhe auch auf rapide Wetterwechsel und Kälte vorbereitet sein.
Beim Abendessen wird uns mitgeteilt, dass unsere Bergkameraden Barbara und Martin nicht mehr mitkommen werden und mit einem Träger ins Tal absteigen. Wir werden Sie erst in Kathmandu wieder sehen.
11. Tag - 29.10.2007 Camp Kharka (4480 m) - Tilicho Khola Basecamp (4990)
4:30 Uhr Aufstehen. Bereits um 06:00 Uhr beginnen wir im Schein der Stirnlampen mit dem Aufstieg zum Mesokanto La. Da wir die Route bereits erkundet haben, ist die Wegfindung in der Dunkelheit einfach. Bereits nach etwa 90 Minuten erreichen wir den ersten Sattel, der von der eigentlichen Passhöhe durch eine vergletscherte Senke getrennt ist. Nach steilem Abstieg werden die letzten 100 Höhenmeter zum Mesokanto La erklommen. Als wir mit keuchenden Atemzügen die Passhöhe auf 5146 m erreichen, öffnet sich ein faszinierender Blick: Unterhalb des den Pass überragenden Tilicho Peak (7146 m) und der von ihm ausgehenden 6 Kilometer langen Kammlinie der Great Barriere - welche immer über 6500 m aufragt - fällt der Blick auf den Tilicho Lake. Der auf 4920 m Meereshöhe liegende höchste See der Welt liegt in tiefen Blau inmitten der umliegenden Eiswelt.
Wir legen eine zweite Frühstückspause ein, um diese Umgebung ausgiebig betrachten zu können.
Über Moränengeröll und Schneefelder nähern wir uns danach dem Nordende des Sees. Ein letzter Abstieg führt zur Northern Campsite. Eigentlich ein guter Lagerplatz. Doch bei eventuell höhenbedingten Gesundheitsproblemen einzelner Teilnehmer gibt es hier einen entscheidenden Nachteil: Ein sofortiger Abstieg ist von hier nicht möglich, da zuerst relativ umfangreiche Passüberschreitungen durchgeführt werden müssen. Wir hatten deshalb schon gestern beschlossen, am heutigen Tag zumindest bis zum Tilicho Khola Basecamp an der Südostseite zu gelangen. Von hier wäre zumindest ein Abstieg nach Osten mit vertretbarem Kraftaufwand möglich.
Da ein direkter Weiterweg am östlichen Seeufer nicht möglich ist (entgegen den Markierungen in vielen Kartenwerken), steigen wir in der Mittagssonne durch ein steiles Tal zum Eastern Pass empor. Die Mittagswärme, die Höhenlage und der Ermüdungszustand lassen nur ein langsames Aufstiegstempo zu, so dass für die 200 Höhenmeter fast 90 Minuten benötigt werden. Auf der Passhöhe sehen wir den Weiterweg. Langsam ansteigend liegt ein weites parabolförmiges Hochplateau vor uns, in welchem die Sonneneinstrahlung wie ein Brennglas wirkt. Etwa 2,5 Kilometer geht es nach Osten bis zu einer kleinen Passhöhe, die mit oftmaligen Pausen gegen 15:00 Uhr erreicht wird. Unsere Träger haben noch mehr zu kämpfen: Einzeln oder in Kleingruppen kämpfen sie sich mit Ihren Lasten durch die von uns ausgetretene Spur. Die Sonne sinkt und es wird langsam kälter. Wir hoffen, dass alle Zelte rechtzeitig am Lagerplatz ankommen. Vom Eastern Pass steigen wir über den Kamm einer steilen Moräne zum Lagerplatz ab, den wir in der Dämmerung erreichen. Die ersten Träger sind noch weit hinter uns, mit dem Zeltaufbau können wir dann erst im Schein der Stirnlampen beginnen. Mittlerweile stark ausgekühlt helfen wir den Trägern beim Zeltaufbau. Sobald unsere North Face VE25 stehen, verkriechen wir uns zum Aufwärmen in die Schlafsäcke, die wir erst 2 Stunden später für eine heiβe Abendmahlzeit verlassen. An diesem langen und anstrengenden Tag waren wir mit Pausen etwa 12 Stunden zwischen beiden Lagerplätzen unterwegs. Der Tag hatte bei allen seine Spuren hinterlassen.
12. Tag - 30.10.2007 Tilicho Khola Basecamp (4990) - Tilicho Base Camp (4150 m)
Ein kalter Morgen, kurz nach Sonnenaufgang irgendwo bei -15° C. Glasklare Luft, die Zelte sind kitschige gelbe Flecken in der kalten Welt aus blauen und weiβen Farben. Frühstück im Essenszelt mit Daunenanorak, trotzdem zaubert unser Küchenteam frische Pancakes. Jetzt haben alle auch wieder richtigen Appetit, gestern Abend hatten wir nach dem langen Tag fast nur heiβe Suppe gegessen.
Während unsere Begleitmannschaft das Lager abbaut, erkunden wir das Seeufer. Glasklares Wasser in dem sich die dahinter liegende Great Barriere spiegelt. Langsam steigen wir in Richtung des kleinen Passübergangs am Südende des Sees auf und ersteigen unterwegs einige kleine Aussichtshügel. Immer wieder betrachten wir den tiefblauen Tilicho Lake, der sich auf 4 Kilometer Länge in diese Eiswelt einfügt.
Am Pass wehen Gebetsfahnen im steifen Wind, der aus dem Marsang-Tal empor weht. Mehrere Trekking-Touristen kommen von Osten das Tal herauf, seit 4 Tagen die ersten, die nicht zu unserer Gruppe gehören. Eine Eislawine rauscht dröhnend die 1200 Meter Eiswand im Westen herunter, auch in der letzten Nacht waren im Zelt öfters die Lawinenabgänge an der Great Barriere zu hören.
Wir beginnen unseren Abstieg in Richtung Manang. Nach 200 Höhenmetern verlassen wir den Schnee und können wieder einen ausgetretenen Pfad durch die Moränenhänge folgen.
Im teilweise böig-stürmischen Wind geht es steil die Moränenhänge herab. Der Wind löst mehrere groβe Steine, welche die Hänge herunterpoltern, im Wind aber nicht gehört werden. Niemand wird getroffen.
Im Abstieg wird es deutlich wärmer. In der Ferne erblicken wir erstmals die Chulu-Gruppe, zu der wir in den nächsten Tagen überwechseln wollen.
Gegen Mittag erreichen wir das Tilicho Base Camp. Ein aus Stein gebautes Hotel und ein dazu gehörender Zeltplatz, den wir in Beschlag nehmen. Hier verbringen wir einen gemütlichen Nachmittag.
13. Tag - 31.10.2007 Tilicho Base Camp (4150 m) - Manang (3540 m)
Wir freuen uns auf diese Tagesetappe, da es wieder in die Wärme geht. Zudem lockt als Tagesziel die Ortschaft Manang, die als Verwaltungszentrum einen gewissen zivilisatorischen Wohlstand verspricht.
Der erste Wegabschnitt quert steile rutschgefährdete Erosionshänge, welche über mehrere Hundert Meter in die Schlucht abbrechen. Teilweise ist der Weg weggerutscht und besteht nur aus einer im feinen Schutt kaum erkennbaren Pfadspur. Mehrere Herden von Blauschafen sowie einige Yaks sind zu sehen, bevor wir in tieferen Lagen wieder in reichhaltigere Vegetation und landwirtschaftlich genutzte Flächen geraten. In der Ferne ist neben der Chulu-Gruppe auch der Manaslu (8163 m) zu erkennen.
Einsame Gompas und einige Lodges leiten zur ersten Ansiedlung in diesem Tal: Khangsar. Eine alte, selbst für die hiesige Gegend etwas armselig und dreckig wirkende Stadt. Nach kurzer Rast gehen wir gleich weiter durch das Tal des Marsyangdi-River. Über Felder und entlang von Bewässerungskanälen erreichen nach etwa 6 Stunden Gehzeit Manang, wo wir im Manang-Hotel unterkommen. Gelegenheit für ausgiebige Ausrüstungs- und Körperpflege.
Am Nachmittag folgt ein Bummel durch Manang, einem hübschen Bergdorf mit engen Gassen und dicht gedrängten Flachdachhäusern. Es liegt oberhalb eines Gletschersees, der von den Schmelzwassern der Gangapurna (7.454 m) und Annapurna III (7.555 m) gespeist wird. Die Stadt an der Annapurna-Circuit-Autobahn zeigt alle alle positiven und negativen Auswirkungen des Bergtourismus. Zumindest gibt es eine recht geschäftstüchtige Bevölkerung. Unzähligen Verkaufsständen für Kitsch "Made in China" können wir wiederstehen, der "German Bakery" dagegen nicht.
Der Abend endet mit einem wirklich guten Yak-Burger im beheizten Speisesaal unserer Lodge.
14. Tag - 01.11.2007 Manang (3540 m) - Camp Julu (3900 m)
Heute beginnen wir den eigentlichen Anmarsch zum Chulu-Far-East. Ein kurzes Stück geht es noch das Marsyangdi-Tal hinab. Hier entlang der "Hauptstrasse" gibt es ganze Wälle von alten und neuen Manisteinen, die zum Fotografieren einladen. In der kleinen Ortschaft Braga öffnet uns eine alte Frau das 500 Jahre alte Kloster. Hunderte kleiner Buddha-Statuen und viele Malereien zeugen von der Geschichte dieses Klosters, welches das Älteste in dieser Gegend ist.
Wir biegen nach Norden aus dem Haupttal ab. Durch den Ort Julu mit seinen Wasser betriebenen Gebetsmühlenterassen gehen wir durch schöne Wälder das Tal des Julu Khola hinauf. Die Wälder und Büsche leuchten in allen Herbstfarben, doch in Richtung der 6000er der Chulu-Gruppe wird es auch wieder rasch kühler.
Am Nachmittag erreichen wir einen gemütlichen Lagerplatz unterhalb zweier Wasserfälle. Der Abend wird zum Training genutzt. Entlang zwischen Bäumen gespannter Seile wird nochmals die Verwendung von Steigklemmen und Abseilachtern sowie das Gehen am Fixseil geübt.
15. Tag - 02.11.2007 Camp Julu (3900 m) - Chulu Base Camp (4800 m)
Heute wollen wir zum Base Camp aufsteigen. Der Morgen im Camp ist ungemütlich, da die Sonne nicht in dieses Tal herein scheint. Obwohl wir es schon deutlich kälter und ohne Sonne hatten, ist es unangenehm. Nach dem Frühstück queren wir zuerst den Julu Khola, dann geht es hinauf. Nach wenigen Minuten verlassen wir den Wald und stehen auf einem mit niedrigem Dornengestrüpp bewachsenen Steilhang. Ein schmaler Pfad windet sich in Serpentinen empor. Unser Tempo wird langsamer, wir sind mittlerweile wieder deutlich über 4000 Meter hoch. Irgendwann verlassen wir den Schatten und legen eine Rast in der Morgensonne ein.
Der Weg schwenkt nach Westen und nähert sich über der Vegetationslinie einer felsigen Kammlinie. Als wir diese erreichen, steht der Chulu Far East - das bergsteigerische Ziel unseres Trekkings - vor uns. Die natürliche Aufstiegslinie ist sofort zu sehen: Vom Pass zwischen Chulu East und Chulu Far East zieht ein gewellter Firn- und Eisrücken zum Gipfel hoch.
Wir queren einige Schneefelder und steigen von der Seitenmoräne in den Talgrund runter, auf dem das Base Camp aufgebaut werden soll. Auf trockenem Moos- und Steingrund richten wir uns ein. In den Zelten wird es in der Mittagssonne zu warm, so dass die meisten von uns irgendwo in der Sonne liegen. Lesen und Musik aus den mp3-Playern hören, ein gemütlicher Nachmittag in Vorbereitung auf den morgigen Gipfeltag.
Andreas kontrolliert die Bergschuhe und die daran angepassten Steigeisen. Der morgige Tag wird recht anstrengend. Die 1200 Höhenmeter zum Gipfel sind normalerweise eine wirklich gemütliche Tagestour; mit Tourbeginn auf 4800 m zum Gipfel auf über 6000 Meter aber ein ganz anderes Kaliber. Andreas und Samboo, unser Climbing Sherpa, wollen etwa 400 Meter Fixseil in die steilen Passagen des Anstiegs verlegen, um uns den Aufstieg zu sichern. Wir rechnen mit etwa 8 Stunden zum Gipfel und demzufolge soll es um 04:00 Uhr losgehen.
16. Tag - 03.11.2007 Der Gipfeltag / Chulu Base Camp (4800 m) - Chulu Far East (6059 m) - Chulu Base Camp (4800 m)
Es ist nicht zu kalt am Morgen. Das Frühstück um 03:30 Uhr findet zwar mit Daunenjacke statt, am Tilicho Lake war es aber morgens kälter. Irgendwie sind doch alle etwas aufgeregt, das Frühstück in gewohnter Qualität findet nicht den üblichen Zuspruch. Um 04:00 Uhr stehen wir dann alle mit unseren Stirnlampen vor dem Gemeinschaftszelt zum Aufbruch bereit.
Endlich geht es los. Andreas führt uns in gleichmäβigem Tempo den Moränenhang nördlich des Basislagers hoch. Es ist nicht steil, doch ich brauche wieder einige Zeit um einen Gehrhythmus zu finden. Die ungewohnten und klobigen 6000er Stiefel (Millet Shivling) sind zwar recht nützlich zur Verhinderung von Erfrierungen, aber alles andere als bequem.
Wir betreten die Schnee- und Eisflächen unterhalb des Passeinschnitts zwischen Chulu East und Chulu Far East. Es dämmert und wir können jetzt auch die Umgebung genauer betrachten. Im Süden stehen Annapurna II (7937 m) und Annapurna IV (7525 m) am Horizont.
Die letzten 200 Höhenmeter zum Pass werden zum ersten Test an diesem Morgen: Eine Firn- und Eisflanke zieht steil empor. Wir lassen unsere Teleskopstöcke in einem Depot zurück, legen die Steigeisen an und zücken die Eispickel. Im steilsten Teil dieser Passage wurde ein erstes Fixseil gelegt. Trotz der Steigklemme als Sicherung und Steighilfe muss schon ganz mächtig hingelangt werden. Mit fliegendem Atem und rasendem Puls erreichten wir den Sattel, wir sind jetzt auf fast 5600 m Höhe angelangt. Inzwischen ist die Sonne aufgegangen und wir genehmigen uns eine erste Rast. Weit oberhalb sehen wir unsere beiden Guides weitere Strecken mit Fixseil sichern.
Anfangs ist der Anstieg zum Chulu Far East ein breiter Firn- und Eisrücken, der in unschwieriger Steigung beginnt. Sich unmerklich in Wellen aufsteilend wird der Rücken kontinuierlich schmaler ohne jedoch wirklich ausgesetzt zu sein. Gemeinsam mit Hermann und Herbert gehe ich weiter, wobei jetzt auch in regelmäβigen Intervallen Stops zum Atemholen eingelegt werden. Unsere 9-köpfige Gipfelgruppe ist fast auf dem ganzen Südwestgrat verteilt. Technisch ist der Anstieg nie schwierig: Gut griffiges Eis und in steilen Passagen die Fixseile erleichtern die Tour. Trotzdem ist es nahe der 6000er Marke auch richtig anstrengend.
Wir erreichen die Gipfelzone: Der Grat wird ausgeprägter und erreicht eine Eisnase, die schon vom Base Camp sichtbar war. Unter ihr querend sind wir ein paar Meter später um 10:12 Uhr am Gipfel des Chulu Far East. Der eigentliche Gipfel ist zwar noch etwa 20 Meter entfernt und etwa 1 Meter höher, aber nur über einen überwechteten und ausgesetzten Firngrat zu erreichen. Die meisten von uns verzichteten auf diesen zusätzlichen Nervenkitzel.
Ein idealer Tag: Ich bin an meinem Geburtstag bei perfekten Bedingungen auf dem Gipfel eines 6000ers. Im Rundblick sind neben ungezählten 7000ern die Achttausender Manaslu und Annapurna zu sehen. Nach Norden Richtung Tibet reiht sich eine Bergkette nach der anderen unter dem tiefblauen Himmel. Südlich der Annapurna-Gruppe ist das ganze Tiefland unter dichten Wolken verborgen.
Innerhalb der nächsten 30 Minuten erreichen alle den Gipfel, wo wir mit ausgiebigem Fotografieren beschäftigt sind.
Zu schnell ist die Zeit vergangen, als wir um kurz nach 11:00 Uhr mit dem Abstieg beginnen. Entlang der Fixseile können wir schnell und sicher am ATC Höhe verlieren. Die flacheren Strecken gehen wir zügig zum Sattel hinunter. Hier ist es im mittlerweile aufgekommenen eisigen Wind so ungemütlich, das wir auf eine geplante kurze Rast verzichten und schnell die Eisflanke zu unserem Stockdepot absteigen. Einzeln oder in kleinen Teams gehen wir von hier gemütlich dem Base Camp entgegen. Hier unten ist der Schnee in der Mittagssonne bereits tief und sulzig so dass wir froh sind, als die Steinpassagen auf der Seitenmoräne erreicht werden. Noch ein paar Minuten und wir sind wieder im Lager, wo wir schon mit Getränken erwartet werden.
Die Anstrengung der Gipfeletappe ist nun doch zu bemerken, doch wir haben den ganzen Nachmittag Zeit um uns zu regenerieren und auf die letzten Trekkingetappen vorzubereiten.
Am Abend wird der gelungene Tag ein wenig im Gemeinschaftszelt gefeiert.
17. Tag - 04.11.2007 Chulu Base Camp (4800 m) - Lower Pisang (3200 m)
Wir verlassen das Basecamp. Hermann geht mit mir etwas voraus. Das Marsyangdi-Tal liegt unter dichten Wolken, darüber thront die Annapurna-Kette. Während sich die Wolken unter uns in der Morgensonne schnell auflösen, erreichen wir nach 75 Minuten unseren ehemaligen Lagerplatz von vor 2 Tagen. Kurz dahinter zweigen wir auf einen Höhenweg ab, der uns leicht ansteigend in Richtung der kleinen Ortschaft Ngawal führt.
Immer abseits der Hauptroute im Talgrund ist es hier ein angenehmes Wandern.
In Ngawal wird in einer Lodge Mittagsrast eingelegt. Der Ort fasziniert durch ungezählte Manisteine.
Den ganzen Nachmittag gehen wir den guten Höhenweg weiter nach Osten bis wir Ghyaru erreichen. Steil liegt dieser Ort über dem Talgrund, der in endlosen Serpentinen erreicht wird. Nur noch ein kurzes Stück und die Überquerung des Marsyangdi mittels einer Hängebrücke beendet diesen Tag auf dem Zeltplatz einer Lodge in Lower Pisang.
18. Tag - 05.11.2007 Lower Pisang (3200 m) - Timang (2270 m)
Bevor wir Lower Pisang verlassen, besuchen wir noch die Gedenkstätte für eine 1994 am Pisang Peak verunglückte Trekking-Gruppe des DAV Summit Club. Danach wandern wir das Marsyangdy-Tal hinaus. Wir werden diesen Fluss jetzt bis zum Ende unserer Tour in Bhulbhule begleiten.
Der Talgrund wird landwirtschaftlich für Viehzucht und Ackerbau genutzt Der alte Handelspfad wird von vielen Eselkarawanen und Touristengruppen begangen, die auf der Annapurna-Runde unterwegs sind. Es wird sogar versucht eine Straβe zu bauen: Mit einfachsten Werkzeugen brechen jugendliche Straβenbauarbeiter Steine aus dem Untergrund und transportieren diese mit behelfsmäβigen Transportkarren an andere Stellen. Eine Szene, die uns fast steinzeitlich anmutet.
Trotzdem soll hier in ein paar Jahren zumindest der Verkehr mit Allradfahrzeugen möglich sein. Schon vor langer Zeit wurde der Weg in die Felswand hoch über dem Marsyangdi geschlagen, bis diese Stellen für Fahrzeuge nutzbar sind, dauert es aber noch einige Zeit.
Nach der Mittagsrast in einer Lodge in Chame verlassen wir den Talgrund und steigen auf der rechten Flussseite einen Höhenweg entlang. Zum ersten Mal auf unserer Tour regnet es ein wenig, wir sind wieder im Einfluss der feuchten Witterung im Tiefland auf der Südseite der Annapurna-Gruppe. Entlang kleiner Bauernhöfe und feuchter Wälder gehen wir weiter und erreichen kurz vor dem Beginn eines starken Regenschauers den kleinen Ort Timang, wo wir aufgrund der feuchten Witterung in einer Lodge übernachten.
19. Tag - 06.11.2007 Timang (2270 m) - Jagat (1300 m)
Der Trekkingtag beginnt hinter einer Eselkarawane: Durch einen nebelverhangenen Wald geht es einen schmalen und schlammigen Weg zum Fluss runter. Erst nach einer Stunde kann die Karawane überholt werden. Wieder auf dem Hauptweg wollen wir bei Bagarchhap ein kleines buddhistisches Kloster besichtigen, welches leider verschlossen ist.
Wir gehen weiter, mittlerweile haben wir wieder die Region des Bambus- und Reisanbaus erreicht. Tief eingeschnitten ist der Fluss in diesem Gebiet, die Felswände oberhalb der langgestreckten Dörfer erlauben kaum Aufstiege. Abzweige vom Weg gibt es nur in die vereinzelten Seitentäler. Nach mehreren Stunden weitet sich der Talgrund zu einer weiten Kiesfläche, wo wir in der Ortschaft Tal unsere Mittagspause einlegen.
Hinter dem Ort verengt sich das Tal sofort wieder zu einem Canyon in dem nur der Fluss Platz findet. Steil steigen wir auf dem Weg an, um diese Engstelle zu umgehen. Kurz hinter der Kuppe des Felsriegels sehen wir eine kommunistische Flagge. Entgegen kommende Touristen informieren uns über den dort gelegenen Checkpoint der Maoistischen Rebellen. Tatsächlich werden auch wir angehalten und sollen pro Person 2000 Nepalesische Rupien (ca. 20 EURO) Wegezoll zahlen. Wir sehen dies nicht ein, da nach einer Übereinkunft mit der Regierung die Maoisten im Parlament sitzen und seit 2006 auf Gewalt und Repressalien verzichten sollen. Diese Gruppe kann uns auf Nachfrage auch keine entsprechende Legitimation eines Vorgesetzten vorweisen. Im Verlauf der Diskussion kann unsere Begleitmannschaft und der gröβte Teil der Gruppe weiterziehen. Als wir restlichen drei uns dann auch "vom Acker" machen wollen, wird es dann doch etwas "handgreiflich". Letztendlich lässt man uns nach weiteren Diskussionen doch ziehen. Die Wahrscheinlichkeit andere Touristen vorwarnen zu können, erschien den Maoisten wohl als gröβeres Risiko für die Höhe ihrer Tageseinnahmen.
Durch diesen Zwischenfall haben wir fast 3 Stunden Zeitverlust, den wir jetzt am späten Nachmittag kompensieren wollen. Im Eilmarsch streben wir - zuletzt mit Stirnlampen - unserem Tagesziel in Jagat entgegen, das wir schlieβlich verschwitzt in 90 Minuten, kurz nach dem Eintreffen unserer Hauptmannschaft, erreichen.
Am Abend wird das erfolgreich überstandene Abenteuer entsprechend gefeiert.
20. Tag - 07.11.2007 Jagat (1300 m) - Bhulbhule (840 m)
Unser letzter Trekkingtag: Irgenwie fühle ich mich heute schlapp. So gehe ich früh in Jagat los, um in gleichmäβigen Tempo unser Tagesziel in Bhulbhule zu erreichen. Nach 1,5 Stunden sehr steinigem Weg auf der orografisch rechten Flussseite wird in Syange der Fluss auf der üblichen Hängebrücke überquert. Der Weg steigt an und erreicht die Reisterassen über dem Flusslauf. Ein schöner Höhenweg führt durch die Terassenfelder und kleinen Bauerndörfer dieser Gegend. Es ergeben sich immer wieder schöne Einblicke in das Dorfleben. Gegen Mittag folgt die letzte Steigung unserer Tour: Im tropischen Feuchtklima ist der etwa 150 m Anstieg zu dem auf einem Höhenzug befindlichen Dorf Bahundanda eine letzte Herausforderung.
Mittagsrast in einem kleinen Restaurant. Ich kippe nebenher noch 2 Liter Cola in mich rein. Danach folgen schöne zweieinhalb Stunden durch die Felder und Plantagen neben dem Flussufer in Richtung unseres Tagesziels. Gemeinsam mit Hermann gehe ich die letzten Stunden unserer Tour. Während auf der anderen Flussseite die neue Strasse in den Berg gesprengt wird und teilweise schon für Allradfahrzeuge befahrbar ist, haben wir auf "unserer" Seite Ruhe. Die uns entgegen kommenden Trekkinggruppen sehen noch alle ungewohnt frisch und unverbraucht aus. Von Dorf zu Dorf sinken die Preise für eine kleine Flasche Cola, wir nähern uns endgültig der Zivilisation. In einem kleinen, recht sauberen Dorf machen wir nochmals eine Pause. Wieder eine Cola. Wir schätzen mit der Karte unsere verbleibende Strecke und fragen die Restaurantwirtin nach dem Namen dieses Dorfes: Bhulbhule. Unvermittelt war das Ziel unserer Tour erreicht. Gleich hinter dem kleinen Restaurant ging es eine Treppe zum Zeltplatz am Flussufer runter, wo schon unsere Zelte standen. Innerhalb der nächsten 30 Minuten treffen auch die anderen Mitglieder unserer Gruppe ein. An einem kleinen Waschplatz folgt eine umfangreichere Wäsche und es fanden sich auch noch ein paar halbwegs saubere Kleidungsstücke im Seesack.
Am Abend folgt das groβe Festmenue unserer Küchencrew. Der Abschluss bildet die übliche Verlosung von überzähligen Ausrüstungs- und Kleidungsstücken an unsere Begleitmannschaft, bevor wir ein letztes Mal in unsere Schlafsäcke kriechen.
21. Tag - 08.11.2007 Bhulbhule (840 m) - Kathmandu
Regen. Ein letztes Frühstück im Zeltlager. Nach dem Abbau des Lagers queren wir über die am Lagerplatz beginnende Hängebrücke den Marsyangdi River. Auf der anderen Flussseite endet derzeit noch die für normale Fahrzeuge befahrbare Strasse. Nach 30 Minuten kommt auch unser Bus. Schnell ist das Gepäck verladen und wir sinken in die durchgesessenen Sitze, das Trekking ist endgültig vorüber. Doch schon nach 20 Minuten auf der verschlammten Piste ein Zwangsstopp: Einem Traktoranhänger ist das Radlager gebrochen, es wird mitten auf der Piste repariert. Nach dem Stopp geht es weiter, ab Besi Sahar - einer geschäftigen Kreisstadt - kommen wir auf der jetzt geteerten Piste schneller voran. Trotzdem liegt unser Durchschnittstempo wohl nur bei etwa 30 - 40 Stundenkilometern: In nahezu jedem Dorf haben Jugendgruppen die Strasse blockiert und erlauben die Weiterfahrt erst nach einer "freiwilligen" Spende des Busfahrers.
In Dumre gibt es eine Mittagsrast bei Dhal-bat. Danach geht es auf die Hauptstraße Richtung Kathmandu. Immer dichter wird der Lkw-Verkehr auf dieser Verkehrsachse. Wir erhalten interessante Einblicke in das Landleben, welches Richtung Kathmandu immer mehr westlichen Zivilisationsmüll beinhaltet. Ein letzter Höhenzug vor Kathmandu ist am späten Nachmittag zu überqueren. Vorbei an überladenen und stehen gebliebenen Trucks erreichen wir die Passhöhe und passieren den Polizeikontrollposten am Eingang in das Kathmandu-Tal. Es ist nicht mehr weit, doch wir geraten in die abendliche Rush-hour am Vorabend des buddhistischen Sylvester. Vier Kilometer vor unserem Hotel auf der anderen Stadtseite kommen wir mit unserem Bus nicht mehr weiter. Kurz entschlossen verlassen wir den Bus, laufen zur nächsten groβen Kreuzung und zwängen uns in zwei kleine Taxis. Diese fahren uns auf wahrlichen Schleichwegen in Richtung Hotel, das wir dann fast zeitgleich mit dem Bus erreichen. Den Rest des Abends verbringen wir ziemlich müde im Hotelrestaurant und bei einer lang vermissten Dusche.
22. Tag - 09.11.2007 Kathmandu
Ein letzter Tag in Kathmandu. Noch einmal verlieren wir uns im Gassengewirr dieser Metropole. Es ist der Tag vor dem buddhistischen Neujahr. Die Stadt ist in ein oranges Blütenmeer getaucht. Jedes Gebäude, jeder kleine Kramladen und jeder Bus oder Lkw wird mit Girlanden geschmückt.
Morgens besuchen wir die groβe Stupa von Swajambunath. Nach dem Aufstieg über die lange Treppe schweift der Blick über die Stadt. Es sind bedeutend mehr Touristen hier als 2002. Auch die Stupa wird für das Neujahrsfest herausgeputzt. Es werden neue Gebetsfahnen aufgehängt und der Lotusblütenextrakt über das weiβe Stupadach vergossen.
Nach diesem Besuch queren wir den Markt am Durbar-Square, bevor wir zum Einkauf von letzten Souveniers wieder in das Thamel-Viertel gehen. In Thamel ist wirklich für jeden Geschmack etwas zu finden: Neben billigen CD´s und DVD´s lässt sich neues und gebrauchtes Equipment für Trekkings und Expeditionen finden. Allerdings bedeuten Markenlabel nicht immer auch Markenware. Auch bei original alten Handarbeiten aus dem Himalaya sollte man lieber mehrfach hinschauen.
Am späten Nachmittag geht es mit dem Taxi zurück zum Shangri-La. Am Abend fahren wir dann mit dem Bus von Thamserku zum Abschiedsessen ins Kathmandu-Guesthouse. Ein schönes Lokal mit gutem Essen. Nach unserer langen Trekkingtour war nur das lange sitzen auf dem Boden an den niedrigen Tischen etwas beschwerlich.
23./24. Tag - 10./11.11.2007 Everest Flight & Heimreise
Zurück nach Deutschland. Doch es gibt noch ein letztes Highlight! Gegen 5 Uhr geht es mit 5 Mitstreitern zum nationalen Teil des Kathmandu-Airport. Mit Yeti Airlines haben wir einen Flug zum Mount Everest gebucht. Wegen Nebels mit 2 Stunden Verspätung fliegen wir dann gegen 06:30 Uhr mit einer Jetstream 41 in Richtung Nordosten los. Gleichmäβig steigen wir bis auf 8000m und können den Anflug auf das Everestgebiet abwechselnd aus dem Cockpit genieβen. Teils erkenne ich die Täler und Dörfer, die ich 2002 beim Everesttrekking durchquert habe. Kurz vor dem Makalu (8463 m) drehen wir eine 180° Linkskurve. Auf der rechten Seite der Maschine sitzend, habe ich einen perfekten Blick auf Mount Everest (8850 m), Lhotse (8506 m) und den dazwischen liegenden Südsattel. Entlang der Nuptse-Mauer geht es nach Westen. Südlich von Cho Oyu (8201 m) und Gyachung Kang (7952 m) verlassen wir das Khumbu-Gebiet in Richtung des heiligen Berges Gaurisankar (7145 m). Hier geht die Turbopropmaschine in einen gleichmäβigen Sinkflug über, der erst auf der Landebahn des Flughafens von Kathmandu endet. Ein 60-Minuten Flug, der jeden Dollar wert war.
Zurück im Shangri-La geht es 30 Minuten später mit der kompletten Trekkinggruppe wieder zurück zum Airport Kathmandu. Am Internationalen Terminal verabschieden wir uns von den Vertretern von Thamserku-Trekking und beginnen die wie üblich langwierige Prozedur des Eincheckens der Reiseteilnehmer und des gesamten Gepäcks.
Pünktlich geht es mit der Boeing 777 der Thai Airways Richtung Bangkok, welches nach etwa 3 Stunden erreicht wird. Die 5stündige Zwangspause wird mit Ausruhen und Erkunden der Einkaufspassagen des neuen Flughafens verbracht.
Dann endlich wird unser Flug aufgerufen. Doch wir sitzen dann eine Stunde in der Maschine am Terminal fest: Es fehlen zwei Passagiere, die erst mit deutlicher Verspätung von ihren Einkäufen zurückkehren. Aufgrund des verzögerten Starts und eines starken Gegenwinds landen wir mit groβer Verspätung in Frankfurt. Eine hastige Verabschiedung von unseren Reisekameraden, dann sprinten wir drei "Münchner" durch das Terminal und erreichen in letzter Minute unseren Flug nach München. Leider kam dann nur eins von drei Gepäckstücken von Hermann in München an. Hermann, Daniel und ich verabschiedeten uns am Lost-and-Found-Schalter. Unsere Tour war zu Ende.
Kartenskizze:
© Katalog Hauser-Exkursionen
Informationen
28,73069° Nord
84,08439° Ost
350,- US-$ + 40 US-$ / Person (für 5 - 8 Personen)
Permit beantragen bei NMA = Nepal Mountaineering Association
Tipps zur Besteigung:
Neben einer entsprechenden körperlichen Vorbereitung (z.B. lange Dauerläufe über mehrere Monate) ist das Verhalten und die Art des Aufstiegs für einen Erfolg entscheidend. Generell hilft ein möglichst langsames und gleichmäßiges Tempo, damit sich der Körper an die Höhe anpassen kann. Siehe auch das Höhendiagramm unserer Tour.
Weitere Informationen zur Besteigung:
- Bill O´Connor: The Trekking Peaks of Nepal, 1989. The Mountaineers Books, Seattle (USA), ISBN 0-89886-676-6
- Key Reynolds: Annapurna - A Trekker´s Guide, 2nd Edition 2003. Cicerone, ISBN 1-85284-397-7
- Annapurna 1:100.000, Nepal-Kartenwerk der Arbeitsgemeinschaft für vergleichende Hochgebirgsforschung Nr. 9, 1993
- Around Annapurna, 1:100.000, NEPA-MAPS, Himalaya Maphouse, ISBN 99933-47-21-3
Anbieter für Nepal-Trekkings im deutschsprachigen Raum:
Siehe Links
Kosten
Die Kosten eines organisierten Trekkings über die im Hyperlink benannten Agenturen sind mit etwa 2.700 - 3.200 € (2007) anzusetzen. Preiswerter lässt sich eine Besteigung organisieren, wenn man sich direkt mit örtlichen Agenturen in Nepal in Verbindung setzt. Zu berücksichtigen ist aber, das die vorhandene Infrastruktur der seriösen europäischen Anbieter (Funkgeräte, Satellitentelefone, CERTEG-Bag, medizinischer Sauerstoff) als ein bedeutender Sicherheitsaspekt eingeplant werden muss.
Letzte Aktualisierung am 10.01.2023 20:43:05 Uhr
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