Kungsleden 2016
Über den nördlichen Kungsleden in Schweden -
107 Kilometer Trekking im Schwedischen Lappland
- Zelt
- Daunenschlafsack (ca. 5° C Komforttemperatur)
- Kocher
- Nahrungsmittel
- gute, nicht zu leichte Trekkingschuhe
- Teleskopstöcke (sehr empfehlenswert)
- Funktionsbekleidung (inkl. Regenschutz)
- Kopfbedeckung, Handschuhe, Mückenschutz
- Fleecejacke (mit Windstopper!)
- Trekking-Rucksack (ca. 75 Liter)
- Überforderung (für Untrainierte)
- Gefahren durch plötzliche Wetterstürze
- Hoher Schmelzwasserstand bei Bachquerungen
1. Tag: 23.06.2016 Vakkotavare Fjällstation - Lager 1
Durch endlose Wälder fährt der Linienbus Nr. 93 vom schwedischen Gälivare nach Westen. Meine Trekkingpartnerin Monika und ich haben nach unserer gestrigen Fluganreise von München über Stockholm nach Kiruna noch einige kleinere Einkäufe nicht flugtauglicher Utensilien (z.B. Gaskartusche) erledigt.
In einem kleinen Hotel im Zentrum von Kiruna hatten wir übernachtet und sind am frühen Morgen die 2 Kilometer zum neuen Bahnhof der Erzstadt gelaufen. Mit einem schönen Triebwagen ging es dann nach Gälivare, wo wir nach 90 Minuten Wartezeit unseren Bus in die Wälder bestiegen.
Die Busfahrerin fungiert auch als Briefträgerin, so dass immer wieder kurze Stops an abgelegenen Häusern und Einfahrten die Fahrt unterbrechen. Eine knappe Stunde Mittagsrast legt der Bus am Ferienbereich des Nationalparks Stora Sjöfallet ein. Die umliegenden Berge und das klare Wasser der umliegenden Flüsse und Seen lassen die Vorfreude auf unsere Fjälltour ansteigen.
Nach weiteren 20 Minuten Fahrt - teilweise begleitet von Rentieren auf der linken Straßenseite - hält der Bus am Straßenrand. Aussteigen! Erst auf den zweiten Blick ist die schmale Holztreppe bemerkbar, welche rechts den Hang hinaufführt. Dann ist auch der Holzbau der Fjällstation Vakkotavare zu sehen. Nach freundlicher Begrüßung des Hüttenwarts wollen wir aber umgehend unsere Wanderung beginnen:
Teilweise steil windet sich der schmale Pfad den Berghang hoch, begleitet vom Rauschen eines Bachlaufs, welcher im weiteren Anstieg über einer schwankenden Metall-Hängebrücke gequert wird. Nach etwa 30 Minuten nimmt die Steilheit des Weges ab, der bisherige Birkenbestand weicht niedrigen Büschen und verschwindet dann ganz. Der Blick weitet sich, wir haben den Rand der baumlosen Hochfläche erreicht. Der schmale Pfad windet sich dem Gelände angepasst über die Hochfläche. Am Horizont sind im Südwesten die verschneiten Berge des Sarek-Nationalparks und der Akka zu erkennen. Sumpfige Teilstücke werden auf parallel liegenden Holzbohlen überschritten. Rote Farbklekse auf aufgestellten Felsplatten weisen teilweise weithin sichtbar die Routenführung. Geschwindigkeit spielt keine Rolle: Nach den Fjällräven-Classics in 2011, welche ein zeitlich vorgegebenes Zeitraster für die verschiedenen Medaillenstufen umfasste und dem John-Muir-Trail in 2014, der aufgrund seiner Weglänge ein ausgeklügeltes Zeitmanagement verlangte haben wir jetzt genügend Zeit für die etwa 80 Kilometer, welche wir nach Nikkaluokta zurücklegen wollen. Dementsprechend entspannt ist unser Gehtempo.
Wir geniessen die Einsamkeit, seit der Fjällstation ist uns niemand begegnet. Fast sind wir überrascht, als an einer Bachquerung zwei müde Trekker in der Mittagssonne sitzen. Nach etwa zwei Stunden erblicken wir rechts des Weges in einer Senke einen kleinen See, in dessen Umgebung wir einen Lagerplatz suchen wollen.
Die Ostseite des Sees ist denkbar ungeeignet: Der Untergrund ist durchnässt von den Schmelzwässern des östlich gelegenen und Schnee bedeckten Tjoarvek (1127 m). Unzählige Mücken steigen beim Annähern auf. Im Nordwesten des Sees finden wir eine trockene und mückenfreie Wiesenfläche. Schnell ist das Zelt aufgebaut. Der Lagerplatz ist perfekt. Im Süden und Westen dominieren die Berge des Sarek- und des Stora Sjöfallets-Nationalparks, im Norden steigt die Hochfläche weiter an.
Zum ersten Mal seit 2014 wird der Primus-Gaskocher in Betrieb genommen: Es gibt Hackfleischröllchen aus dem Bundeswehr-EPA, zum Dessert Milchreis mit Früchten. Einige Stunden sitzen wir noch in der Umgebung des Zeltes auf Steinen im Schein der Mitsommersonne. Erst als sich der Himmel mit aufkommendem Wind bewölkt, ziehen wir uns in unsere grüne Behausung zurück.
2. Tag: 24.06.2016 Lager 1 - Lager 2 Kaitum
In der Nacht regnet es mehrfach, immer wieder vibriert das Zelt unter leichten Windböen. Aufgrund der Mitternachtssonne ist es hell im Zelt, so dass kein richtiges Zeitempfinden aufkommen will. Gegen 06:15 Uhr steigen wir aus dem Zelt. Tief hängende Wolken verstecken die umliegenden Berggipfel.
Der Morgen beginnt nach dem Zeltabbau mit dem Frühstück: Monika hat eine Müslimischung vorbereitet. Dazu gibt es einen guten Kaffee, die richtige Morgenmotivation. Solange es trocken bleibt, wird der Tag nicht schlecht werden können. Um 07:33 Uhr gehen wir los Richtung Nord zur Teusajaure-Fjällstation.
Kurze Zeit geht es noch leicht bergauf, dann haben wir eine kleine Wasserscheide überschritten. Dann erreichen wir einen Schmelzwasserbach. Trotz einiger Minuten Suche bachaufwärts ist keine trockene Bachquerung möglich, die brüchigen Altschneebrücken sehen nicht Vertrauen erweckend aus. Wir wechseln von Bergschuhen auf Trekking-Sandalen und queren durch den kalten Bachlauf.
Langsam gehen wir weiter, das Gelände fällt nun merklich in Richtung des fjordartigen Teusajaure-Sees ab. Vor der Querung eines tiefer eingeschnittenen Bachlaufes schwenkt unser Pfad etwa 500 m nach Westen ab. Eine Drahtseilhängebrücke erleichtert hier den Übergang, was angesichts der Schmelzwassermassen auch angebracht ist. Über den Kungsleden erreichen wir wieder die Baumgrenze. Die zuerst niedrigen, vereinzelten Birken werden beim Abstieg zum Seeufer zu einem dichten Laubwald. Nach etwa 3 Stunden haben wir den Bootsanleger am Südufer des Teusajaure erreicht. Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Einen weissen Kanister am Signalmast hochziehen, warten bis einen der Hüttenwart der Teusajaurestugan auf der gegenüberlegenden Seeseite bemerkt und mit dem Motorboot abholt. Der Spaß kostet etwa 30 EURO. Die Alternative: Selbst rudern. Es gibt drei Ruderboote und nach jeder Querung muß an jeder Seeseite mindestens ein Boot liegen, damit nachfolgende Wanderer weiterkommen. Im schlimmsten Fall bedeutet es ein dreimaliges Rudern über die etwa 500 m Seestrecke. Wir haben Glück: Ein Boot liegt an unserem Ufer, ein zweites Ruderboot mit einem Pärchen kommt zu uns rüber. Wir warten einige Minuten, helfen den beiden aus dem Boot und steigen selbst hinein. Monika übernimmt das Rudern. In Seemitte kommt es aufgrund des böigen Seitenwinds zu einigen unfreiwilligen Kreiseln, aber nach etwa 15 Minuten ist das Nordufer des Teusajaure erreicht.
Nach einem kurzen Blick in die Selbstversorgerhütte beginnen wir unseren weiteren Weg nach Norden. Wir steigen einen leicht morastigen Weg empor und erreichen kurz nach Verlassen des Waldgürtels wieder die Fjell-Hochfläche. Einige Minuten beobachten wir eine mittelgroße Rentierherde, welche unseren Pfad kreuzt.
Langsam bessert sich das Wetter: Die seit dem Morgen tief hängenden Wolken heben sich. Manchmal beleuchten einzelne Sonnenstrahlen die umliegenden Gipfel. Wir folgen dem Pfad nach Nordosten Richtung Kaitumjaure. Dabei verlieren wir in Richtung des reissenden Kaitumjåkka wieder an Höhe, der Untergrund wird weniger felsig und teilweise matschig. Der Weg folgt nun dem Fluß und wechselt über eine Drahtseilbrücke auf die linke Seite. Wir gehen noch etwa 30 Minuten weiter und erreichen die erst am Tag zuvor wieder geöffnete Hütte Kaitumjaurestugorna. Unseren Zuckerpegel können wir hier bei einer Dose Cola anheben.
Nach etwa einer halben Stunde gehen wir weiter. Wir wollen nach einem passenden Lagerplatz in nördlicher Richtung suchen. Nach etwa einem Kilometer entdecken wir etwas abseits des Weges einen trockenen Wiesenhügel mit alten Lagerplatzspuren. Ein leichter Wind vertreibt hier eventuelle Mücken und Frischwasser gibt es in einem kleinen Bach in 30 Meter Entfernung. Schnell haben wir unser Lager errichtet. Im Schein der mittlerweile heraus gekommenen Abendsonne verzehren wir unser Abendessen mit Blick auf das Tal des Kaitumjaure.
Aufgrund der guten Verhältnisse und des guten Wetters beschliessen wir auch eine Änderung unserer Tourplanung: Statt nach Nikkaluokta wollen wir bis Abisko gehen und bei hoffentlich besserem Wetter einen Teil der Tour von 2011 wiederholen.
3. Tag: 25.06.2016 Lager 2 Kaitum - Lager 3 Sälka
Der neue Tag begrüßt uns mit einem wolkenlosen Himmel. Nach Zeltabbau und Müslifrühstück beginnen wir um kurz vor acht unseren Weg nach Norden durch das Tal des Tjáktjajåkka. Langsam gewinnen wir an Höhe und überschreiten bei etwa 650 - 700 m wieder die Baumgrenze. Nach etwa 2 Kilometern wechseln wir über eine große Drahtseilbrücke auf das östliche Ufer des Flusses. Hinter einer kleinen Kuppe weitet sich das Tal: Vor uns breitet sich ein weites Trogtal nach Norden aus. Letzte Schneeflecken geben einen schönen Kontrast zum frischen Sommergrün der Wiesenflächen. Am Horizont sind erste Schneegipfel des Kebnekaise-Massivs zu erkennen.
Fasziniert wandern wir in der Nähe des Flußufers nach Norden. Den ganzen Vormittag kommt uns nur ein einziger Trekker entgegen. Immer wieder treffen wir auf kleinere Rentierherden. Das einsame Holzgerippe einer Sami-Hütte ergibt schöne Fotomotive. Während kleiner Marschpausen sitzen wir still auf kleinen Felsen und erfreuen uns an der Einsamkeit und Schönheit dieser Landschaft.
Gegen 11:40 Uhr erreichen wir die Hütte Singistugorna. Die Hüttenwartin bereitet die erst am Tag zuvor geöffnete Hütte für den Sommerbetrieb vor. Wir sitzen einige Minuten in der Sonne. Welch ein Unterschied zu dem Wolken verhangenen und regenerisch-kalten Morgen des 07.08.2011 während der Fjällräven-Classics 2011.Ab hier folgen wir dem bekannten Weg der Fjällräven Trekkingveranstaltung Richtung Abisko. Wir folgen dem Tal weiter nach Norden Richtung Sälka. Vereinzelt treffen wir andere Trekker, wobei es nach mitteleuropäischen Verhältnissen weiterhin als einsam zu bezeichnen ist. Wir geniessen die Wanderung und insbesondere den Kontrast zum trüben August 2011. Durch ein Seitental erblicken wir im Osten den Gipfel des Kebnekaise, auf dem wir vor 5 Jahren standen.
An der Notunterkunft Kuoperjåkka legen wir nochmals eine Rast ein. Im weiteren Wegverlauf werden immer wieder Seitenarme des Flusses und kleine Schmelzwasserbäche über Holzstege gequert. Gegen 16:30 Uhr erreichen wir die Hütte Sälkastugorna. Wir gönnen uns eine Cola aus dem Hüttenladen. Der Hüttenwart erscheint mit hohen Wander-Gummistiefeln und verabschiedet sich mit seinem Hüttenhund zu einer Bergwanderung.
Etwa 300 m hinter der Hütte finden wir ausser Sichtweite einen trockenen Untergrund für den Aufbau des Zeltes. Der Zugang zum Trinkwasser im Fluß führt allerdings durch leicht feuchte Niederungen. Nach dem Abendessen geniessen wir die Abendsonne und den Blick in das Tal bei einer Dose Bier, welche wir im Hüttenladen erstanden haben.
4. Tag: 26.06.2016 Lager 3 Sälka - Lager 4 Alesjaure
Wieder beginnt ein fantastischer Tag! Nach dem Verlassen des Lagerplatzes wandern wir das Tal weiter aufwärts in Richtung Tjäktjapass. Über kleinere Moränenzüge steigen wir langsam empor. Nach etwa 90 Minuten haben wir die Stelle erreicht, wo wir 2011 vor dem Tjäktjapass campiert hatten. Wir gehen im menschenleeren Tal weiter. Die Schneeschmelze läßt unzählige kleine Bäche von den Talrändern herunterfliessen, welche wir durchwaten oder auf kleinen Holzstegen überqueren.
Der finale Anstieg zur Passhöhe beginnt. Nach etwa 150 Höhenmetern mit moderater Steigung wird der Pfad steiler und verliert sich dann unter den Altschneefeldern, die wir auf den letzten 200 Metern überqueren müssen. Dann stehen wir bei schönstem Wetter auf dem höchsten Punkt des Kungsleden (1140 m). Nach Norden breitet sich eine Winterlandschaft aus. Der Talgrund ist eine komplette Schneefläche. Doch zuerst legen wir eine kurze Snackpause auf der Eingangstreppe der hier stehende Nothütte ein.
Beim Abstieg auf der Nordseite des Tjäktjapass brechen wir auf der Altschneefläche nach wenigen Schritten ein und stehen im Schmelzwasser, was sich im Talgrund unter der Schneedecke sammelt. Wir wählen den weiteren Weg nach Norden mehr an den östlichen Hangseiten, wo sich die abfliessenden Schmelzwässer nicht unter der Schneedecke anstauen. Langsam geht es durch den in der gleissenden Sonne teilweise aufgeweichten Schnee weiter. Der Talgrund wirkt dabei für uns wie ein Brennglas, so dass des Gehen in den tiefen Altschneefeldern eine schweisstreibende Angelegenheit ist. Erst nach etwa 4 Kilometern - auf der Höhe der an der westlichen Talseite befindlichen Hütte Tjåktjastugan - haben wir wieder festen, insbesondere trockenen Boden unter den Füßen.
Langsam wandern wir am Nachmittag das Tal des Aliseatnu nach Nordosten. Es gibt immer wieder schöne Blicke auf den im Talgrund mäandernden Fluß, auf kleinen Holzbrücken queren wir seitliche Schmelwasserbäche. Wir gönnen uns mehrere Pausen in den sonnenbeschienenen Wiesen des Talgrundes und kommen dementsprechend nur langsam voran. Erst gegen 16:30 Uhr erreichen wir die Umgebung der auf einem kleinen Felsriegel liegenden Schutzhütte Alesjaurestugorna. Noch auf der östlichen Flußseite steigen wir auf einen kleinen Hügel und finden auf seinem Gipfel einen schönen Zeltplatz, der aufgrund eines beständig leichten Windes Sicherheit vor eventuellen Mücken aus der Flußniederung bietet.
Nach dem Zeltaufbau und einem kleinen Bad im klaren Flußwasser holen wir uns noch ein Abendbier in der nahe gelegenen Hütte. Von unserem Logenplatz haben wir einen schönen Überblick über die Talniederung des Aliseatnu und des Sees Alisjávri.
5. Tag: 27.06.2016 Lager 4 Alesjaure - Lager 5 Kieron
Am Morgen ist es bewölkt. Das perfekte Wetter der letzten beiden Tage ist vorbei. Nach Frühstück und Lagerabbau queren wir über die große Brücke auf die westliche Flußseite und steigen den Felsriegel zur Schutzhütte Alesjaurestugorna empor. Wir setzen uns in den Gastraum, trinken noch einen zweiten Morgenkaffee und unterhalten uns einige Minuten mit einem jungen Trekker, der geraden seinen Weg in den Süden plant.
Um kurz nach neun Uhr beginnen wir dann unsere Tagesetappe von etwa 18 Kilometern: Wir gehen am Westufer des Alisjávri-Sees entlang nach Norden. Anfangs gehen wir entlang oder über einige schmale Streifen Sandstrand, danach schwenkt der Pfad etwas vom Seeufer weg. In den teils sumpfigen Abschnitten sind oftmals Bohlenpassagen zu begehen, die ein sicheres Fortkommen durch Feuchtwiesen und über kleinere Bachläufe ermöglichen. Im Verlauf der nächsten Stunden verstärkt sich sukzessive die Bewölkung. Ein leichter Wind ist aufgekommen, der die gefühlte Temperatur sinken lässt.
Vereinzelt kommen uns kleine Wandergruppen aus Richtung Abisko entgegen. Die Hauptwandersaison ist nach der Öffnung der Schutzhütten angelaufen. Der Weg über das baumlose Fjäll läßt immer wieder Erinnerungen an 2011 aufkommen. Am späten Nachmittag des 8. August waren wir damals schon ziemlich erschöpft, da wir uns dem Ende einer Etappe mit ca. 40 Kilometern Trekkingstrecke näherten. Entgegen dem Uhrzeigersinn beginnen wir die Umrundung des Gárddenvárri. Der vormals durch flache Wiesen führende Pfad führt jetzt den mit Felsen und Steinen durchsetzten Berghang entlang, was das Gehen beschwerlicher macht. Rechts unter uns schneidet sich ein kleiner Fluß in das Gelände ein. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichen wir einen beschilderten Meditationsplatz, der auch eine schöne Aussicht auf das unter uns liegende Tal und den See Ábeskojávri bietet. Steil geht es von hier aus in kleinen Serpentinen zum reissenden Fluß runter, den wir auf der bekannten Drahtseilbrücke überqueren. Es sind nur noch knapp 200 Meter durch den lichten Birkenwald bis einer großen Lichtung, welche uns aus 2011 als Checkpoint Kieron bekannt ist.
Gegen 15:00 Uhr haben wir unsere grüne Behausung aufgestellt. In größerer Entfernung sind noch zwei weitere Zelte erkennbar. Nach dem Abendessen frischt der leichte Wind etwas auf. Die Temperatur sinkt, ein beginnender Regenschauer treibt uns früh ins Zelt.
Bei leichtem Regen döse ich im Schlafsack vor mich hin. Gegen 22:00 Uhr schrecke ich auf: Eine Art Güterzug rauscht brausend durch den Birkenwald heran. Mit einem Schlag drückt eine starke Windböe das Zelt herunter. Dann folgt Windstoß auf Windstoß. Immer wieder verformt sich der Zelttunnel unter dem Winddruck. Zweimal prüfen wir aussen die Abspannungen und spannen einzelne Schnüre nach. Etwa 2 Stunden dauert das Spektakel, dann wird es schnell ruhiger. Die Nachtruhe beginnt.
6. Tag: 27.06.2016 Lager 5 Kieron - Abisko
Am Morgen ist es ruhig. Absolute Windstille nach der teilweise unruhigen Nacht. Der Nachteil zeigt sich beim Frühstücksmüsli: Wir werden von Mücken angegriffen. Zum ersten Mal nutzen wir das bisher überflüssige Mückenspray - es wirkt. Trotzdem wird das Frühstück in Bewegung eingenommen.
Kurz nach Beginn unserer Schlussetappe befinden wir uns endgültig wieder unterhalb der Waldgrenze. Mücken sind nur wenig störend. Wir folgen dem bekannten Weg, der am Ostufer des Sees Ábeskojávri entlang führt. Sumpfige Areale werden auf den üblichen Bohlenwegen überschritten, wobei oftmals parallel zu unserem Fußweg auch ein Track für Quads aufgebaut ist.
Langsam gehen wir Richtung Abisko. Wir haben kein Zeitlimit einzuhalten und keine geplanten Termine. An günstig gelegenen Aussichtspunkten oder ausgebauten Rastplätzen legen wir kleine Pausen ein. Die letzten 5 Kilometer wird es voller auf dem Weg. Tagestouristen und auch Trailrunner kommen uns entgegen. Die Schlucht des in die Umgebung eingeschnittenen Abiskojåkka ist ein beliebtes Touristenziel. Der mit Schmelzwasser gut gefüllte Fluß bietet hier ein rauschendes Schauspiel.
Gegen 13:00 Uhr erreichen wir die Abisko Touriststation, diesmal ohne Empfangskomitee wie in 2011. Eine wirklich entschleunigende Tour über den nördlichen Kungsleden findet hier nach 107 Kilometern ihr Ende.
Der kleine Laden der Station wird um ein wenig "Luxusverpflegung" wie Orangensaft und Joghurt erleichtert. Im sonnigen Garten der Touriststation erholen wir uns etwas von der heutigen Etappe, dann kümmern wir uns um die weitere Planung. Der nächste Zug Richtung Kiruna hält in der kleinen Bahnstation um 16:45 Uhr. Damit fällt die Entscheidung: Wir werden noch am Nachmittag wieder nach Kiruna zurück fahren. Im dortigen Camp Ripan wollen wir uns für 3 Nächte auf dem Zeltplatz einrichten und in der Stadt die berühmte Erzgrube besichtigen.
Abschließende Bemerkungen
Nach dem organisierten Fjällräven Classic-Event in 2011 war diese Tour über den nördlichen Kungsleden eine andere Erfahrung: Die Region noch einsam und für mitteleuropäische Verhältnisse nahezu menschenleer. Umso eindrucksvoller war das Naturerlebnis zu Beginn des Sommers 2016. Die gerade geöffneten Hütten entlang des Kungsledens lassen die Tour auch für Trekkinganfänger interessant werden, welche eine völlige Abgeschiedenheit über längere Zeit (noch) scheuen.
Bei Hüttenübernachtungen läßt sich auch das Gewicht des Zeltes einsparen.
GPS - Positionen
Vakkotavare Fjällstation
67,581463° Nord
Fjäll
67,625460° Nord
Teusajaure
67,694691° Nord
Kaitumjaure
67,746315° Nord
Kaitum
67,761618° Nord
Singi
67,851186° Nord
Sälka
67,946285° Nord
Sälka
67,950752° Nord
Tjäktja
68,019645° Nord
Alesjaure
68,133382° Nord
Alesjaure
68,136496° Nord
Kieron
68,264834° Nord
Abisko
68,358169° Nord
Kartenmaterial:
NORSTEDTS outdoorkartan, 1 : 75.000
Blad 2 NIKKALUOKTA SAREK SALTOLUOKTA
ISBN13 978-91-1-306814-5 / Gävle, 2014
LANDMÄTERIETS FJÄLLKARTA, 1 : 100.000
BD6 ABISKO KEBNEKAISE NARVIK
ISBN13 978-91-588-9488-4 / Örebro, 2006
GPS-Trackansicht mit Google® Maps
Letzte Aktualisierung am 10.01.2023 20:44:06 Uhr
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